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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 01.07.2005
Aktenzeichen: 8 Sa 233/05
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO
Vorschriften:
ArbGG § 64 Abs. 2 c | |
ArbGG § 64 Abs. 6 | |
ArbGG § 66 Abs. 1 | |
ArbGG § 69 Abs. 2 | |
ZPO § 519 | |
ZPO § 520 | |
ZPO § 540 | |
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1 |
Aktenzeichen: 8 Sa 233/05
Entscheidung vom 01.07.2005
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 17.02.2005 - 2 Ca 2081/84 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer fristlosen Kündigung vom 22.11.2004, sowie einer vorsorglich ordentlichen Kündigung vom 10.12.2004, die dem seit 29.04.1998 bei den Stationierungsstreitkräften zuletzt als Meister (Elektromechanik) beschäftigten Kläger ausgesprochen wurde.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 17.02.2005 - 2 Ca 2081/04 wird gemäß §§ 69 Abs. 2 ArbGG, 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht ist im vorerwähnten Urteil zur Auffassung gelangt, dass das Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche Kündigung vom 22.11.2004 noch durch die ordentliche Kündigung vom 09.11.2004 aufgelöst worden ist, weil der Kläger zwar den Mitarbeiter W. in übelster Weise beleidigt habe, jedoch keine betrieblichen Auswirkungen in Form einer konkreten Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses feststellbar seien. Eine tatsächliche Störung des Betriebsfrieden bzw. der betrieblichen Ordnung würde von der Beklagten auch nicht behauptet.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Seite 4 bis 5 (= Bl. 52 und 53 d.A.) des Urteils Bezug genommen.
Gegen das, der Beklagten am 04.03.2005 zugestellte Urteil richtet die am 15.03.2005 eingelegte und am 04.05.2005 begründete Berufung der Beklagten.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe das Formblatt mit den Beleidigungen vor circa zwei Jahren am Pausenplatz angefertigt und es dem Zeugen W. auf den Tisch im Pausenraum gelegt, sodass jeder, der den Raum betreten habe, dieses Schreiben habe sehen und lesen können. Der Zeuge W. habe sich tief verletzt und beleidigt gefühlt und nur von weiteren Schritten abgesehen, da er mit dem Kläger, der seit 1999 sein Vorgesetzter gewesen sei, habe zusammenarbeiten müssen. Der Kläger habe den Zeugen in unerträglicher Weise beleidigt und gemoppt, sodass sich dieser an die Rechtsanwälte U. pp. gewandt habe. Diese hätten das Schreiben am 05.11.2004 ihrerseits an die Dienststellenleitung gerichtet. Die Äußerungen auf dem Formblatt stellten eine grobe Beleidigung des Zeugen W. dar. Wenn ein Vorgesetzter die Menschenwürde eines Untergebenen in diesem Maße verletze, habe dies auf das gedeihliche Zusammenarbeiten Auswirkungen. Es habe wiederholt Anlass zu Beschwerden bei der Betriebsvertretung gegeben. Aus der angeblich an Herrn V. gerichteten e-Mail lasse sich nicht entnehmen, dass sich der Zeuge W. als Mobbingopfer des Klägers ausgeben habe und er den Kläger aus seiner Position habe drängen wollen. Die ordentliche Kündigung beruhe auf den gleichen Gründen.
Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,
das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 17.02.2005 - 2 Ca 2081/04 - wird abgeändert und die Klage abgewiesen.
Der Kläger beantragt,
Zurückweisung der Berufung und führt aus, das maßgebliche Schriftstück sei bereits 1999 gefertigt und dem Zeugen W. persönlich ausgehändigt worden. Dieser habe das Schriftstück als Scherz empfunden und mit Lachen quittiert. Bis Frühjahr 2004 habe es private Besuche des Zeugen W. gegeben. Dieser habe erklärt, er wolle sich als Mobbingopfer ausgeben, um den Kläger aus seiner Position zu drängen. Er - der Kläger - habe keinen Beleidigungsvorsatz gehabt. Der Zeuge und er hätten nach Übergabe des Schreibens jahrelang harmonisch zusammengearbeitet. Im Übrigen sei die Verwendung des im Formblatt benutzten Vokabulars in der Dienststelle nicht unüblich.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 04.05.2005 (Bl. 68 bis 73 d.A.) und vom 28.06.2005 (Bl. 117 bis 120 d.A.), sowie hinsichtlich der Berufungsbeantwortung auf den Schriftsatz des Klägers vom 08.06.2005 (Bl. 105 bis 112 d.A.), nebst sämtlichen vorgelegten Unterlagen und die Feststellungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung der Beklagten ist gemäß § 64 Abs. 2 c ArbGG statthaft. Sie ist gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i. V. m. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden. Sie ist insgesamt zulässig.
II.
In der Sache selbst bleibt die Berufung jedoch ohne Erfolg.
Das Arbeitsgericht ist im angefochtene Urteil mit zutreffender Begründung zu Recht zur Auffassung gelangt, dass das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die fristlose Kündigung vom 22.11.2004 noch durch die aus gleichen Gründen ausgesprochene ordentliche Kündigung vom 09.12.2004 beendet worden ist.
Die Kammer nimmt gemäß §§ 69 Abs. 2 ArbGG, 540 ZPO Bezug auf den begründenden Teil im angefochtenen Urteil, stellt dies fest und sieht hier unter Übernahme der Entscheidungsgründe von einer weiteren Darstellung ab.
Wegen der Angriffe der Berufung besteht Veranlassung zu folgenden ergänzenden Ausführungen:
In Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht ist rechtlich maßgeblich, dass zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung ein Sachverhalt vorliegt, der konkrete nachteilige betriebliche Auswirkungen hat (vgl. zutreffend Eisemann, Personalbuch 9. Auflage 255 Rz 29).
Feststellungen hierzu sind der Berufungskammer auch nach dem Stand des Berufungsverfahrens nicht möglich, da der zum Gegenstand der Kündigungen erhobene Vorfall längere Zeit zurückliegt. Nach dem als zutreffend unterstellten Vortrag der Beklagten haben sich die im Formblatt manifestierten Beleidigungen vor circa zwei Jahren abgespielt.
Ein Fortwirken der im nämlichen Formblatt enthaltenen schweren Beleidigungen und damit eine Auswirkung auf den Betriebsfrieden konnte von der Beklagten nicht dargetan werden; die Ausführungen in der Berufung hierzu sind allgemein gehalten, wenn von Auswirkungen auf das gedeihliche Zusammenarbeiten gesprochen wird. Dass die Vorlage dieses Formblattes durch die Rechtsanwälte U. auf Initiative des beleidigten Zeugen W. erst kurze Zeit vor Ausspruch der Kündigungen erfolgte, mag Gründe haben, die sich in der Sphäre des Zeugen abspielten, jedoch keinen konkreten Vortrag dazu zu ersetzen, der für das Gericht eine anhaltende Störung des Betriebsfriedens erkennen lässt. Auch der weitere Vortrag der Berufung, wonach das Verhalten des Klägers gegenüber Mitarbeitern wiederholt Anlass zu Beschwerden von Untergebenen bei der Betriebsvertretung gegeben habe, ist zivilprozessual nicht geeignet, um einen Kündigungsgrund festzustellen. Hierbei handelt es sich um allgemeine Ausführungen. Hinzu kommt, dass der Kläger - ohne qualifizierten Widerspruch der Beklagten - vorgetragen hat, es habe bis Frühjahr 2004 private Besuche des Zeugen W. beim ihm - dem Kläger - gegeben, sowie er - der Kläger - und der Zeuge W. hätten nach dem Vorfall jahrelang harmonisch zusammengearbeitet. Daraus wird deutlich, dass die für einen Meister und Vorgesetzten kaum nachvollziehbaren Entgleisungen jedenfalls aus Sicht des Zeugen über einen langen Zeitraum hinweg nicht mehr das von der Beklagten angenommene Gewicht zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigungen hatten. Diese Ausführungen gelten auch dann, wenn der Berufungsvortrag zuträfe, wonach das beleidigende Schriftstück am Pausenplatz des Zeugen W. gefertigt und auf dessen Zeitungsmappe gelegt worden sei mit der Möglichkeit der Wahrnehmung durch andere Mitarbeiter und auch, wenn der weitere Vortrag der Beklagten als zutreffend unterstellt wird, wonach der Kläger bei der Übergabe des Formblatts tief verletzt gewesen sei.
Insgesamt bleibt für die Kammer unerklärlich, warum der Zeuge W. das Beleidigungsschreiben solange zurückgehalten hat. Die Vorgesetztenfunktion des Klägers über mehrere Jahre hierfür als Grund anzuführen, überzeugt nicht. Hier wären die Betriebsvertretung und die weiteren Vorgesetzten des Klägers durchaus geeignete Ansprechpartner gewesen, um sich gegen das beleidigende Verhalten des Klägers zur Wehr zu setzen.
Angesichts des Ausgeführten bedarf es keines Nachgehens der Frage, ob der Kläger seinerseits Mobbingmaßnahmen ausgesetzt war und die erst jetzt erfolgte Vorlage des beleidigtenden Schriftstückes damit in Zusammenhang steht.
Die vorgenannten Ausführungen gelten gleichermaßen für die verhaltensbedingte Kündigung, welche die Beklagte aus den gleichen Gründen ausgesprochen hat, die der für rechtlich unwirksam gehaltenen fristlosen Kündigung zugrundelagen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO.
Von der Zulassung der Revision wurde mangels grundsätzlicher Bedeutung abgesehen (§ 72 Abs. 2 ArbGG).
Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbstständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.
Ende der Entscheidung
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